Offiziell bestätigt: beA Anwender benötigen kostenpflichtige JAVA Lizenz

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Endlich habe ich die schriftliche Bestätigung einer offiziellen Stelle: beA Nutzer benötigen eine kostenpflichtige Oracle JAVA Lizenz. Nur keiner hat sie darüber informiert. Schlimmer noch, die Bundesrechtsanwaltskammer dementiert dies und lässt wichtige Details einfach so unter den Tisch fallen.

Wer unsere News aufmerksam verfolgt weiß, dass ich seit Monaten hinsichtlich notweniger – kostenpflichtiger – Oracle JAVA Lizenzen für beA Nutzer („besonderes elektronisches Anwaltspostfach“) recherchiere und auch nicht vor den Rechtsanwälten der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) halt mache.

Ausführlich nachzulesen unter anderem hier:

Immer wieder bestätigte mir die BRAK auf Anfrage gebetsmühlenartig, dass die Anwender des beA Systems, also alle Anwälte, AssistentInnen, Of counsels, Gerichte usw. keine lokale JAVA Komponente installieren müssten. Die Nutzer bräuchten insbesondere keinerlei kostenpflichtige JAVA Lizenzen beschaffen.

Die Bundesrechtsanwaltskammer ist der Meinung, dass

die vom beA-System und von der beA-Anwendung bzw. der Client Security verwendeten Java-Komponenten unter einer Lizenz stehen, die für die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nicht gebührenpflichtig ist. Es fallen demzufolge keine gesonderten Kosten an.

Wortlaut der Stellungnahme eines Rechtsanwalts der BRAK vom 29.8.2019 auf Anfrage von ITK

Auf meine wiederholt konkret gestellte Frage, wie es sich denn mit der Signaturkomponente verhält – meiner Meinung nach ein extra Programm, dass sehr wohl ein kostenpflichtiges lokal installiertes JAVA voraussetzt – teilt die BRAK ausdrücklich mit:

Benutzer der beA-Webanwendung müssen daher keine gesonderte JAVA-Installation ausführen. 

Stellungnahme eines weiteren Anwalts der BRAK vom 1.10.2019 auf Anfrage von ITK

Das ist falsch.

Dies hat mir heute die Bundesnotarkammer (BNotK) bestätigt.

Um beispielsweise eine PIN für die beA Signaturkarte einzurichten oder diese vorschriftsmäßig regelmäßig zu ändern, ist eine Software namens „Signaturkomponente“ notwendig. Diese wird von der BNotK zur Verfügung gestellt.

Da sich die BRAK in ihren Antworten in immer mehr Widersprüche verwickelt habe ich heute bei der Bundesnotarkammer angefragt.

Erstaunlicherweise noch am selben Tage erhalte ich folgende schriftliche Stellungnahme:

Wie in unserer Schritt für Schritt Anleitung beschrieben benötigen Sie eine Java 8 Installation um das Cardtool zu starten.

Stellungnahme der BNotK vom heutigen 9.10.2019 auf Anfrage von ITK

Soll heißen: wie wir bereits seit geraumer Zeit angenommen haben, benötigen beA Anwender sehr wohl

  1. ein lokal installiertes Oracle JAVA und demzufolge
  2. eine kostenpflichtige Lizenz, um JAVA nutzen zu dürfen. Andernfalls ist es eine Raubkopie. Ende. Aus die Maus.

Wieso die BRAK das die ganzen Wochen immer wieder ausdrücklich dementiert hat? So wie ich das sehe bleiben da nur zwei Möglichkeiten. Entweder herrscht bei der BRAK unglaublich viel Unwissen oder man erzählt bewusst nur die halbe Wahrheit, weil man sich nicht eingestehen möchte, dass man Mist gebaut hat und die im Jahr 2018 bereits angekündigte Lizenzänderung von JAVA komplett verpennt hat.

Der Aufschrei unter der Anwaltschaft wäre sicherlich groß wenn das, was ich hier schreibe, flächendeckend bekannt würde. Man stelle sich nur vor was das bedeutet…

Nahezu alle deutschen Anwälte und Gerichte setzen derzeit illegal Software ein. Fakt.

Bei 166.375 niedergelassenen Anwälten1)https://anwaltsblatt.anwaltverein.de/de/news/grosse-brak-statistik-2019 und 30,- USD Lizenzkosten pro Jahr und pro Benutzer2)https://shop.oracle.com/apex/f?p=DSTORE:PRODUCT:::NO:RP,6:P6_LPI,P6_PROD_HIER_ID:132208699270491131625576,123775488249871532594385 reden wir alleine da schon einmal von wahrscheinlich kaum weniger als jährlich rund 5 Millionen USD Lizenzbetrug. Hand auf’s Herz, welcher Endverbraucher hat bisher für JAVA gezahlt? Richtig. Niemand.

Dann hätten wir da noch rund 50.000 Mitarbeiter der Amtsgerichte3)https://www.bundesjustizamt.de/DE/SharedDocs/Publikationen/Justizstatistik/Personalbestand_AG.pdf?__blob=publicationFile, 400 am BGH4)https://www.bundesjustizamt.de/DE/SharedDocs/Publikationen/Justizstatistik/Personalbestand_BGH_1997_2006.pdf?__blob=publicationFile, vielleicht 250 der Bundesanwaltschaft5)https://www.bundesjustizamt.de/DE/SharedDocs/Publikationen/Justizstatistik/Personalbestand_BA_2007_2018.pdf?__blob=publicationFile&v=2, 14.000 an den Landgerichten6)https://www.bundesjustizamt.de/DE/SharedDocs/Publikationen/Justizstatistik/Personalbestand_LG.pdf?__blob=publicationFile, 5.000 OLG7)https://www.bundesjustizamt.de/DE/SharedDocs/Publikationen/Justizstatistik/Personalbestand_OLG.pdf?__blob=publicationFile, 15.000 Staats- und Anwaltschaften LG8)https://www.bundesjustizamt.de/DE/SharedDocs/Publikationen/Justizstatistik/Personalbestand_StA_LG.pdf?__blob=publicationFile und davon auch nochmal 1.000 am OLG9)https://www.bundesjustizamt.de/DE/SharedDocs/Publikationen/Justizstatistik/Personalbestand_StA_OLG.pdf?__blob=publicationFile. Macht 85.650 an der Zahl. Wer davon tatsächlich ein beA Postfach hat konnte ich bisher nicht herausfinden. Sicherlich einige.

Nicht eingerechnet haben wir dann noch sämtliche AssistenInnen deutscher Kanzleien. Wissenschaftliche Mitarbeiter. Wer weiß wen noch alles.

Zu schade, dass es niemanden wirklich interessiert. Vielleicht hat ja Oracle ein Interesse. Mal sehen. Die einschlägigen Berichterstatter habe ich alle vor Wochen schon angeschrieben. Interesse wurde bekundet, aber niemand traut sich, etwas gegen die BRAK zu veröffentlichen. Ein Jammer.

Hinweis zu weiterführenden Links der BNotK hierzu:

  • Schritt-für-Schritt-Anleitung zur PIN-Verwaltung für Ihre beA-Karte10)https://bea.bnotk.de/documents/Schritt-fuer-Schritt_PIN_beA_160512.pdf
  • Anleitung zur Zertifikatsverwaltung Ihrer beA-Karte11)https://bea.bnotk.de/documents/Schluesselverwaltung_beA.pdf
patrick.ruppelt